Binnen ins Mittelmeer


Erfahrungen, Schiffsausrüstung, Hinweise, Warnungen


Themen im Einzelnen:

Autopilot
Masthalterungen
Verklicker
Flußfahrten allgemein
Schleusen allgemein
GPS
Echolot
Fender
Fenderbrett
Mittelklampe
Mittellandkanal
Dortmund Ems Kanal
Rhein Herne Kanal
Rhein
Mosel
De l Est Kanal
Saone
Rhone

Zweimal haben mein Mann und ich unsere SY Tramp III (11 m lang - 3,42 m breit - 1,70 m Tiefgang - 8,2 to) binnen in das Mittelmeer und binnen zurückgebracht. Von solchen Überführungstörns wurde schon des öfteren berichtet und Bordreiseführer sind auch genügend verfügbar.
Das alles möchte ich hier nicht wiederholen und will mehr auf die Ausrüstung und auf Techniken eingehen. Ich versuche einiges zu berichten, was noch nicht zu lesen war.


Autopilot

Lange Strecken fahren ist als Rudergänger anstrengend und eintönig.
Darum setze ich auch gern auf Binnentörns einen Autopiloten ein.
Auf geraden Strecken reicht es, mit Kursänderungen in 1-Grad Schritten das Boot auf Kurs zu halten.
In Biegungen sind 10-Grad Kursänderungen sinnvoll.
Doch gebe ich zu bedenken, daß entschieden mehr aufgepaßt werden muß als beim Steuern von Hand!
Bei Brückendurchfahrten schalte ich den Autopiloten auf Standby, weil die massigen Stahlteile die Kompasse arg ablenken und das Boot spontan einen scharfen Bogen fahren würde.
Das gleiche gilt für Spundwände und entgegenkommende oder überholende Fahrzeuge.
Weiterhin kann der Autopilot ohne erkennbaren Grund verrückt spielen und das Boot blitzschnell herumsteuern.
Das können z.B. Eisenrohre im Kanalboden sein, die ein Bächlein unter dem Kanal hindurchleiten.
Auch gibt es Crewmitglieder, die schnell mal eine blecherne Keksdose oder einen Walkman in Nähe des Autopilot - Steuergerätes abstellen......
Also: stets auf der Hut sein, um jederzeit sofort den Autopiloten auskuppeln zu können und dann per Hand weiter zu steuern.


Masthalterungen

Bei unserem ersten Überführungstörn 1986 von Hannover nach Travemünde war
unser Mast eher abenteuerlich gelagert: vorn im Bugkorb auf einem Fender mit 2 Metern Überstand, hinten war quer ein langes Kantholz auf dem Heckkorb befestigt.
Da der Mast aber an der Sprayhood vorbei mußte, stand er dadurch achtern Stb seitlich um einen halben Meter über.
Somit konnten wir in den Schleusen nur an Bb festmachen.
Auf dem Vorschiff auf die andere Seite zu kommen glich einem Hürdenlauf. Beim Anlegen in Häfen war der Weg über den Bugkorb durch den dort gelagerten Mast versperrt.
Ebenso war die Sicht nach vorn eingeschränkt, das Anbringen eines Sonnensegels (Regensegels) war ebenfalls nicht möglich.

Im Laufe der Jahre wurde unsere Masthalterung immer mehr verbessert und ist heute für unsere Zwecke gut ausgereift.

Meine Empfehlung ist:
Den Mast so hoch lagern, daß man in der Plicht gut aufrecht stehen kann, freie Sicht nach vorn hat und somit auf dem Vorschiff beim Seitenwechsel nicht zu sehr krabbeln muß. Dabei aber auf die max. Durchfahrtshöhe von Brücken achten!
Den Mast gut festzurren. Bewährt haben sich Ratschengurte, wie man sie in
Baumärkten bekommt.
Auch die Halterungen auf Deck müssen solide befestigt sein.
Wir haben es mehrfach erlebt, daß durch das Überholen einer PS starken Motoryacht unser Schiff über 30° nach beiden Seiten rollte und alles
im Schiff auf dem Boden lag. Das Holzkreuz auf dem Vorschiff mitsamt Mast kam dabei bedenklich ins Schwanken.
Dieses Holzkreuz haben wir mittlerweile durch eines aus Niro- Vierkantrohr ersetzt und es auf Deck festgeschraubt.
Hier sind auch ein Rundholz zur Befestigung der Gastlandsflagge sowie ein

Verklicker

angebracht.
Der Verklicker hilft z.B. beim An- und Ablegen, weil man den Wind richtig
erkennt und mit berücksichtigen kann.

Ein Toplicht sollte auch nicht vergessen werden.

Bislang wurden wir jedoch auf allen Binnenfahrten nur einmal von der Wasserschutzpolizei kontrolliert.

Im Plichtbereich ist ein Sonnensegel von 2 x 2 Metern über den Mast gelegt und zu den Relingszügen gespannt.

Ein weiteres Teil von 0,5 x 2 Metern ist nach Bedarf an Bb oder Stb anknüpfbar.

Auf unserem Törn 1997 ins Mittelmeer diente unser Sonnensegel jedoch hauptsächlich als Regensegel.
Dabei haben wir die Segler bedauert, die ohne Sprayhood und Sonnensegel tagelang in Ölzeug und Südwester mit Ihren kleinen Yachten durch den Regen schipperten.


Flußfahrten allgemein

Auf Flüssen lauern zeitweilig Gefahren wie Hochwasser, Niedrigwasser, starke Strömungen, und nach starken Unwettern Treibhölzer bis hin zu ganzen Bäumen, die im Fluß treiben.
Bei viel Wind erkennt man die Treibholzer kaum, denen man ausweichen sollte.
Sonst kracht es gegen den Rumpf, Kiel, Ruder und auch Propeller.
Unser Schiff ist mit einem dreiflügeligen Festpropeller ausgestattet.
Wie mag sich ein Faltpropeller bei solchen Attacken verhalten???
Ein Ersatz- Festpropeller gehört übrigens zu unserer Langfahrtausrüstung.

Angelegt wird immer gegen den Strom. Völlig logisch? Keineswegs, wir haben es auch schon oft genug anders herum gesehen!
Also, noch einmal: Angelegt wird immer gegen den Strom.
Wenn der Strom 2 Kn. beträgt und wenn die Fahrt durchs Wasser ebenfalls 2 Kn. gegen den Strom beträgt, haben wir 0 Kn. über Grund! Damit kann man das Boot durch leichtes Ruderlegen ganz wunderbar und langsam in die engsten Lücken bugsieren.
Nach dem Festmachen mit einem Bootshaken die Böschung abtasten! Häufig gibt es unter Wasser Mauervorsprünge. Das Echolot kann hier gut 3 m anzeigen,
unter dem Kiel ist dann womöglich nur noch eine handbreit Wasser!
Bei Hochwasser kann der Pegel über Nacht sehr stark sinken, so daß die Gefahr besteht, am nächsten Morgen aufzusitzen.
Oder aber der Pegel steigt und die Fender hängen dann zu hoch.


Schleusen allgemein

Ein scharfes Messer sollte immer in Reichweite an einem festen Platz bereitliegen. Wenn sich eine Leine einmal verklemmt, hilft nur das Abschneiden, sonst hängt sich das Schiff daran auf.
Uns ist das ein einziges Mal passiert und ich muß sagen, es ging alles verdammt schnell.
Im nachhinein haben wir versucht, diesen Vorfall zu rekonstruieren, was
uns aber letztendlich nicht ganz gelungen ist.

Das Heraufschleusen verläuft oft sehr ruppig und hierbei können auch die meisten Schäden am Schiff entstehen.

Herunterschleusen dagegen verläuft sehr sanft, es kommt kein bis wenig Zug auf die Leinen.

Das Einfahren in die Schleusen erfolgt immer hinter den Berufsschiffen, außer es wird vom Schleusenwärter ausdrücklich anders angewiesen.

Warnen möchte ich dringend davor, zu früh und zu dicht hinter einem Berufsschiff einzufahren oder auch auszufahren. Hierbei holt man sich schnell Kratzer und Beulen am Schiff oder gar am eigenen Leib.
Solange der Propeller des Dickschiffes nicht stillsteht, fahren wir nicht
in die Schleuse ein! Auch wenn der Schleusenwärter über Lautsprecher drängelt und zum zügigen Einfahren auffordert.
Er braucht das Schiff ja später nicht zu spachteln und zu lackieren.

In der Schleuse die Leinen lösen und losgefahren wird erst, wenn das Berufsschiff vor uns ca. halb das Schleusentor passiert hat und genügend Fahrt aufgenommen hat.
Jetzt nämlich kommt mein Trick zum Einsatz: wenn unsere Leine gelöst ist, wird das Ruder ganz hart gelegt und ein kurzer, kräftiger Schub voraus motort. Nur ca.1 bis 2 Sekunden, dann wieder auf Leerlauf schalten.
Das gut abgefenderte Heck wird dadurch gegen die Schleusenwand gedrückt, prallt zurück und unser Schiff bewegt sich fast parallel zur Schleusenwand in Richtung Schleusenmitte, ohne Fahrt voraus. Das erspart das Bugstrahlruder!
Nun einige Sekunden warten, Gang wieder rein und schnell dem Berufsschiff folgen. Schnell, weil die restlichen Strudel und Verwirbelungen in der Schleuse somit besser ausgesteuert werden können, als wenn zu wenig Fahrt im Schiff ist.

Ich habe 1988 eine schwere ca. 15 m lange Segelyacht aus Stahl in der Schleuse Münster gesehen, die beim Ausfahren zu dicht einem Berufsschiff nachgefahren war. Sie geriet in dessen Schraubenwasser und wurde gegen die Schleusenwand geschleudert. Der Skipper drehte wie wild an seinen Ruder und gab Gas, um wieder steuern zu können, kam dadurch dem Berufsschiff aber immer näher und wurde brutal von der einen zur anderen Scheusenwand geschleudert.
Dieses grausige Schauspiel, verbunden mit dem widerhallenden Krachen, wenn die Yacht gegen die Schleusenwände prallte, werde ich wohl so schnell nicht vergessen können.
Die Schäden: beide Rumpfseiten verbeult und der Bugsprit verbogen.

Die Festmachemöglichkeiten vor oder hinter Schleusen sind für Sportboote
oft dürftig bis gar nicht vorhanden.

GPS

Ein GPS Gerät für einen Binnentörn?
Ja, wenn auch nicht zur Navigation, aber die Stärke der Strömung ist damit gut zu erkennen. Man vergleicht einfach die Logge (Fahrt durchs Wasser) mit dem GPS (Fahrt über Grund).


Echolot

Ein Echolot mit Tochteranzeige im Cockpit mitlaufen zu haben ist bei einen Binnentörn nützlich. Die Alarmfunktion haben wir auf 2 m eingestellt. Bei Anzeige 1,1 m sitzen wir auf Grund, wie wir einige Male feststellen mussten.


Fender

An Bord waren:
2 große Kugelfender und 5 normale Fender. Weiterhin 4 Autoreifen, klein im Durchmesser aber dafür breit, innen ausgeschäumt (Bauschaum) und somit schwimmfähig. Überzogen mit alten Kopfkissenbezügen hinterlassen sie keine schwarzen Spuren am Rumpf.
Versehen mit 2 Bohrungen, eine oben für die Leine, außermittig, also am Rand der Lauffläche gebohrt und eine Bohrung unten mittig als Wasserauslauf. So präpariert ist ein Reifen wirklich ein toller Fender. Einer bleibt auch später während des Segeltörns immer an Bord. Allerdings werden Autoreifen vom Schleusenpersonal nicht gern gesehen. In Schleusen versenkte Autoreifen können die Schleusentore oder die Ventile blockieren!

Die Kugelfender weit vorn am Bug angebracht verhindern, daß der Mast
vorn die Schleusenwand berührt, wenn das Boot beim Schleusen hinten
weggedrückt wird oder allgemein stark arbeitet - und das ist wirklich nicht gerade selten der Fall.

Runde Fender haben die Eigenschaft, den glibberigen Schmutz sowie Teer von den Schleusenwänden an den Rumpf zu transportieren. Dagegen hilft aber das


Fenderbrett ,

das ich auf einem Binnentörn nicht mehr missen möchte.
Unser Fenderbrett ist 200 cm lang, 20 cm hoch und 4 cm dick.
Die Festmacherleinen verlaufen an beiden Brettenden durch eine mittige, senkrechte Bohrung, unterhalb des Brettes durch Achtknoten gesichert. Die Leinen
können so nicht an den rauhen Schleusenwänden reiben und halten dadurch
bei uns schon seit 9 Jahren, etwa 750 Schleusungen.
Ohne ein Fenderbrett geraten die Fender außerdem leicht in die Nischen der Spundwände oder in die Nischen der Leitern in den Schleusen. Der Rumpf kann dabei schnell einmal hart anstoßen, weil die Fender keine Wirkung mehr haben.
Die Seite zur Schleusenwand hin ist unser Fenderbrett vorn und hinten etwas angeschrägt, um nicht irgendwo hängen zu bleiben.


Mittelklampe

In den Schleusen legen wir, wenn irgendwie möglich, an einer Leiter an. Wir haben mittschiffs an beiden Seiten eine stabile Klampe, die wir zum Festmachen und zum Schleusen benutzen.


Mittellandkanal

Unsere Reisen beginnen oder enden immer im Mittellandkanal, weil wir in der Nähe von Hannover leben. Es gibt aus unserer Sicht hierüber nichts aufregendes zu berichten.


Dortmund Ems Kanal

In der Schleuse Münster wurden wir in die kleine Kammer ganz rechts eingewiesen, wir mußten raufschleusen.
Diese Schleuse erwies sich dann als besonders "giftig", vielleicht weil wir an der falschen Seite festgemacht hatten.
Nur mit Mühe konnten wir unser Boot halten, es wurde von dem einströmenden Wasser derart zur Schleusenmitte gedrückt, daß unsere Leinen nur so ächzten. Ein Fehlgriff oder Leinenriß hätte sicherlich Schäden verursacht.


Rhein Herne Kanal

Noch bei unseren vorigen Törns ins Mittelmeer war es Pflicht, sich in der Schleuse Herne Ost anzumelden und eine Kanalgebühr zu entrichten.
Nunmehr war beides nicht mehr erforderlich.
Alle Schleusen haben Schwimmpoller, allerdings nur auf einer Seite.
Die Strecke bis Duisburg ist leicht zu bewältigen, gibt aber von der Landschaft nicht viel her.

Die Festmachemöglichkeiten in Duisburg selbst sind mehr als mäßig, wir fanden einen guten Liegeplatz ganz am Ende vom Hafenbecken A, in einer Werft neben einem Tauchglockenboot.
Hier wurde der Motor noch einmal gründlich durchgecheckt, denn am nächsten Morgen fuhren wir in den


Rhein.

Im Rhein fuhren wir alle Fender und auch das Fenderbrett innenbords.
Gen Süden fahren heißt, es geht gegen den Strom an.
Unser Schiff schafft 7 kn., ohne den Motor in irgendeiner Weise zu strapazieren Er hat noch weitaus mehr "Dampf" drin.
Aber der Rumpf gibt nun mal nicht mehr her und das Heck taucht bei 7 kn. schon reichlich tief ein.

Trotz unserer guten Fahrt haben wir mit keinem Berufsschiff schritthalten können, auch die langsamsten zogen uns allmählich davon.

An Engstellen, wo der Strom deutlich stärker ist, haben wir ztw. laut GPS nur noch 1,5 kn. Fahrt über Grund geschafft.

Darum denke ich, daß eine Yacht mindestens 6 kn. auf Dauer laufen sollte, um überhaupt eine Chance gegen die Strömung zu haben.

Man muß sich vielleicht einmal folgendes klarmachen: fährt eine Yacht bei 5 kn. Gegenstrom mit 6 kn. durchs Wasser, macht sie 1 kn. Fahrt über Grund.
Erhöht man die Geschwindigkeit um 1 kn., fährt also mit 7 kn. durchs Wasser,
macht man 2 kn. über Grund und kommt damit doppelt so schnell voran!
Gegenwind oder Rückenwind zu haben macht hierbei schon einen beachtlichen Unterschied im Vorankommen.

Mit dem Schleppen lassen von Berufsschiffen haben wir keine eigenen Erfahrungen.
Es sind aber angeblich immer weniger Schiffer bereit, eine Yacht zu schleppen.
Wer haftet schließlich, wenn irgend etwas passiert?

1993 haben wir beobachten können, wie eine schwere Stahlyacht geschleppt werden sollte. Jedesmal, wenn das Schlepptau dicht kam, lief die Yacht total aus dem Ruder und fand sich dann neben dem Berufsschiff wieder.
Wie das Ganze endete wissen wir leider nicht.
Diese Eindrücke haften bei uns und wir sind doch froh, mit eigener Kraft fahren zu können.

Der Rhein ist die meist befahrenste Wasserstraße Europas.
Dicke Pötte überholten uns gleich "zweispurig", entgegen kamen uns ebenfalls
überholende Schiffe.
Wenn man mithalten könnte, wäre es sicherlich am besten, einem Berufsschiff zu folgen.
Sie sind nämlich hier die Profis und wir sind nur die Laien.

Doch nach einiger Zeit gewöhnten wir uns an die neuen Umstände: Wechsel zur linken Uferseite, seitenverkehrtes Begegnen, wobei die Berufsschiffe an der rechten Seite eine blaue Tafel zeigen. Man nutzt dadurch die günstigste Strömung in den Flußbiegungen aus.

Auf dem Rhein zu fahren ist für uns immer sehr anstrengend, weil man sich ständig konzentrieren muß.
Immer wieder schauen wir nach hinten, denn schnell kommen neue Berufsschiffe von achtern näher.
Dann heißt es für uns: deutlich fahren!
Also Kurs halten, nicht herumeiern oder eben deutlich ausweichen, damit die "Dicken" wissen, an welcher Seite sie überholen können.
Hoch beladene Containerschiffe sehen nicht, was sich direkt vor Ihren Bug abspielt!

Irgendwann bemerkte ich ein Dröhnen im Schiff, der Fußboden vibrierte, als ob die Welle einen Schlag hat oder sich etwas im Propeller verfangen hat.
Gas wegnehmen, Gang raus, horchen.
Das Dröhnen blieb.
Ratlos fuhren wir weiter, bis uns nach 15 min. ein großes Containerschiff überholte. Er war es, der den Rumpf unseres Schiffes zum Dröhnen brachte.
Als er sich entfernte, war der Spuk vorbei. Mann lernt eben nie aus!

Wellen von den Berufsschiffen können sich so ausbilden, daß man glaubt,
man steuere einen Raumschotskurs bei 5 - 6 Bft auf der Ostsee.
Es ist dann richtige Arbeit am Ruder.

Vorsicht beim starken Schneiden von Flußbiegungen, es kann sehr schnell flach werden. (Echolot mit Alarmfunktion!)

Auf Strecken mit beiderseits senkrechten Spundwänden, wie es oft bei Ortsdurchfahrten vorkommt, gibt es eine elende Schaukelei.
Die Wellen prallen zurück und können sich nicht, wie an den normalen, schrägen Böschungen, totlaufen.


Mosel

Am Deutschen Eck in Koblenz bogen wir in die Mosel ein.

An der Schleuse Koblenz wurden wir in die rechte Kammer eingewiesen.
Weil noch andere Sportboote folgten, sind wir weit vorgefahren, wie sich dann zeigte: zu weit!
Die ersten Schleusen in der Mosel werden alle ganz vorn am Tor geflutet und wir bekamen die ganze Wucht des einströmenden Wassers zu spüren.
30° zeigte unser Bug Stb zur Schleusenmitte während das Heck Bb gegen die Schleusenwand gepreßt wurde. Mit aller Kraft mußten wir unsere Leinen an der Mittelklampe halten und umlegen, bis weiter oben der Wasserdruck allmählich nachließ. Hierbei holten wir uns unseren ersten Kratzer dieser Reise, weil
ganz hinten unser Reifenfender nicht gut plaziert war.

Sofort nach der Schleuse Koblenz bot sich uns ein viel freundlicheres Bild.

Kleine Kajütkreuzer segeln hier, die Strömung ist gering, wir konnten aufatmen.

Sehr freundlich aufgenommen wurden wir - wie bei den vorigen Überführungen - im Yacht Club Rhein - Mosel.

Allerdings fahren nachts einige Berufsschiffe mit überhöhter Geschwindigkeit
vorbei und erzeugen einen gewaltigen Schwell.
Unsere Kugelfender und nicht zu feste Leinen bewahrten uns jedoch vor Schäden auf unserem Gastliegeplatz, außen quer am Stegkopf.

Am nächsten Morgen um 8:00 wollten wir im Yachthafen Winningen bei km 12 tanken. Langsam tasteten wir uns hinein, liefen auf, fanden aber doch einen Weg zur Zapfsäule.
Laut BOOTE - Sonderheft "tanken" sollte hier täglich von 7:00 bis 21:00 geöffnet sein. Wir erfahren aber, daß erst um 9:00 geöffnet wird und legen etwas ärgerlich wieder ab.

Vor den Moselschleusen gibt es wenig bis keine Festmachemöglichkeiten.

Wenn wir warten müssen, ankern wir gern neben der Schleuse. Wir fahren also in Richtung Wehr nach Echolot, versuchen dabei noch die Signalleuchten der Schleuse im Auge zu behalten und auf 2,5 m bis 3 m fällt dann der Anker.
Durch die Strömung vom Wehr her (1 bis 2 Kn.) liegt man hier recht gut, es sei denn, der Wind bläst zu stark von achtern.
Wir sparen uns durch unser ankern das Umherfahren vor der Schleuse, das ewige Gang rein, Gang raus, vorwärts, rückwärts und das Ausweichen der ausfahrenden Berufsschiffe. Statt dessen genießen wir die Ruhe im Schiff, weil nun einmal der Motor nicht läuft!
Ankeraufnehmen geht Dank der elektrischen Ankerwinde einfach und schnell.

Sportboote werden in der Mosel nur zusammen mit Berufsschiffen kostenlos
geschleust. Für die Einzelschleusung muß DM 9,00 bezahlt werden. Das ist aber oft besser, als stundenlang auf ein Berufsschiff zu warten.

Günstig tanken konnten wir im Yachthafen Schwebsange in Luxemburg.

Ab Schleuse Appach, die zugleich Grenzübergang nach Frankreich ist, wurde es für uns mit der Verständigung schwierig. Paßkontrollen gibt es nicht mehr.

Auch muß hier die Vignette von außen sichtbar angebracht werden, ebenso sollte eine Gastlandsflagge wehen.

Ab hier fluten die Schleusen nicht mehr vom vorderen Tor, sondern aus den Öffnungen im Schleusenboden.
Leider auch wieder ganz unterschiedlich: einige fluten mittig, einige auf der linken Seite und andere auf der rechten Seite.
Und leider sind die Angaben in unseren nautischen Unterlagen hierüber teilweise falsch.
Die Schleusenwärter haben uns aber immer angezeigt, an welcher Seite wir festmachen sollten.
Liegt man an der Seite an, an der das Wasser einströmt, dürfte das Boot mit den Leinen kaum zu halten sein. Auf der anderen Seite der Schleuse dagegen kommen die Fender gut zum Einsatz.

Der französischen Sprache nicht mächtig müssen wir an den Schleusen einfach abwarten, was passiert.

Wenn die Tore geöffnet werden und grün leuchtet sollte man nicht gleich in die Schleuse einfahren.
Erst einmal umschauen, ob sich von hinten ein Berufsschiff nähert.
Das muß dann auf jeden Fall zuerst einfahren.

Aber der Schiffsverkehr wird hier spürbar weniger, die Beschilderung ist dürftiger.




De l Est Kanal

Im de l Est Kanal sind 93 Schleusen auf 121 km Strecke zu bewältigen. Unser Rekord war, diese Hürden in nur 3 Tagen zu schaffen.

Neu war für uns, daß sonntags nicht mehr geschleust wird.

In den Schleusen den Motor auszuschalten lohnt hier nicht mehr.

Der Kanal de l Est führt meistens zuviel Wasser. So kommt es vor, daß die Schleusenwärter einen Schieber offen lassen. Dadurch steht eine Strömung in der Schleuse.
Das Anlegen nach der Einfahrt ist dann durch die Verwirbelungen recht schwierig, vor allem, wenn man nicht darauf vorbereitet ist.
Auch gibt es durch Einleitungen direkt vor und hinter den Schleusen kräftige Querströmungen, die man aber gut aussteuern kann, wenn man sie früh genug erkennt.
Also: Beim Einfahren in die Schleuse (Bergschleusung) auf offene Schieber am geschlossenen Tor achten!
Die Einfahrt wirkt mit 5,2 m Breite sehr eng. Unser Boot ist 3,42 m breit, dazu kommen an beiden Seiten die dicken Fender und das Fenderbrett. Somit ist es wirklich ein wenig eng.
Der Lärm in der Schleuse ist durch undichte oder überlaufende Tore so groß, daß man den eigenen Motor nicht mehr hört.
Unsere bisherige Technik, an einer Leiter und unserer Mittelklampe zu schleusen, klappt jetzt nicht mehr! Die Wucht des einströmenden Wassers ist einfach zu groß.
Besonders wenn die Schleusenschieber von 2 Personen bedient werden und beide um die Wette kurbeln! Hier achten wir besonders darauf, daß ganz hinten auf den Ecken des Hecks die Reifenfender gut hängen.

Nun möchte ich versuchen, unsere eigene, gut bewährte de l Est Schleusentechnik zu beschreiben. Die richtige Einfahrts - Geschwindigkeit haben wir, wenn der Bugkorb die Schleuseneinfahrt erreicht hat und hierbei das Log 2 kn. Fahrt anzeigt. Die Bb - Seite ist zum Anlegen unsere "Schokoladenseite", weil unser Propeller rechts herum dreht und beim Abstoppen unser Heck nach Bb versetzt. Meistens bekomme ich unser Boot in der Schleuse genau mittschiffs dicht an der Leiter zum Stehen.
Jutta steigt die Leiter hoch, über Ihre Schulter die Vorleine gehängt, die am Ende mit einem Palstek versehen ist und am anderen Ende auf der Vorderklampe in einer bestimmten Länge fest belegt ist.
Oben angekommen, fahre ich weiter vor, so daß Jutta die Vorleine über einen Poller legen kann.
Das Boot wird abgestoppt und ich reiche Jutta mit dem Bootshaken die Achterleine hoch, die sie nun recht weit hinten ebenfalls über einen Poller legt.
Damit ist Ihr Job getan, sie kann nun den Schleusenwärtern helfen, die Tore hinter uns zu schließen.
Ich hole nun die Achterleine dicht. Diese ist über einen Block im richtigen Winkel zu einer Winsch geführt. Das Boot wird dabei zurückgezogen und die Vorleine spannt sich.
Wird die Schleusung eingeleitet, habe ich nichts weiter zu tun, als die Heckleine über die Winsch immer stramm zu halten. Die Vorleine bleibt dadurch ebenfalls gespannt.
Das Boot läßt sich so mühelos und sicher schleusen.
Andere Boote, die noch keine große Erfahrung haben, versuchen oft, ihre Leinen per Hand über die Klampen zu halten und dicht zu holen. Dabei geraten sie oft in Streß und gefährden sich und andere.
Sind wir oben angelangt, hilft Jutta beim Öffnen der Schleusentore und geht auch öfters zu Fuß zur nächsten Schleuse, die ja teilweise nur 100 m entfernt ist.
In dem Falle muß ich in der nächsten Schleuse beide Leinen mit dem Bootshaken herauf reichen.

Ist man schließlich nach 47 Schleusen ganz oben angelangt, fährt man ein Stück auf der Scheitelhaltung.
Das Barometer spielt verrückt, weil wir uns auf 360 m über dem Meeresspiegel befinden.
Doch schon bald beginnt das Spiel in die andere Richtung, nämlich talwärts. Das geht sehr sanft und man kann wieder an Leiter und Mittelklampe schleusen, oder mit längeren Leinen, die über die Poller auf Slip gelegt werden.
Bei dieser Methode kann sich aber das Tau in den Spalten des Mauerwerkes einklemmen. Dann käme notfalls das Messer zum Einsatz.

Ab Schleuse 35 beginnen die Automatikschleusen. Man bekommt eine Schleuse vorher einen DIN A 4 Zettel mit guten, eindeutigen Zeichnungen mit auch deutschem Text sowie einen kleinen gelben Handsender überreicht.
Etwa 300 m vor einer Schleuse steht ein Kästchen mit einer Hinweistafel an der Böschung. Der Handsender wird in Richtung des Kästchens gehalten und der
Druckschalter wird betätigt.
Ist das Signal erkannt worden, blinkt eine gelbe Lampe auf dem Kästchen.
An der Schleuse wechseln daraufhin die Signalleuchten von rot auf grün und rot, also die Schleuse ist in Vorbereitung.
Wenn sich die Tore ganz geöffnet haben, leuchtet grün und die Einfahrt ist frei.
Das Boot wird bei der Ein- bzw. Ausfahrt über Lichtschranken wahrgenommen.
An einer Schleusenseite, etwa mittig, sind senkrechte Schaltstangen eingelassen, hier muß angelegt werden.
Nach Anheben der blauen Stange ertönt ein Signal, die Tore schließen automatisch und die Schleusung wird eingeleitet.
Als eine Art "Notbremse" gibt es daneben noch eine rote Stange, die bei Gefahr betätigt werden kann.
Was dann genau passiert haben wir aber nicht ausprobieren müssen.
Der Sender wird an der letzten Schleuse wieder abgegeben.


Saone

Eine leichte Strömung hilft etwas beim Vorankommen.
An der Saone ist die km Einteilung entlang des natürlichen Flußlaufes abgenommen.
Durch die Kanalstrecken, die immer eine Abkürzung bedeuten, ergeben sich jedoch dann überraschend kürzere Fahrzeiten.
Allerdings sind in den Büchern diese Abkürzungen bereits teilweise berücksichtigt.
Die erste Saoneschleuse ist auch gleich wieder eine Automatikschleuse, allerdings etwas anders.
300 m vor der Schleuse hängt an einem über den Fluß gespannten Drahtseil oder unter einer Brücke eine Stange herunter, die man ergreifen und einmal daran drehen muß.
Daraufhin beginnt eine gelbe Lampe an der Schleuse zu blinken, alles weitere verläuft dann wie bei den bereits beschriebenen Automatikschleusen.
Nach Schleuse 11 enden die Automatikschleusen.

Es gibt im Verlauf der Saone 2 Tunneldurchfahrten die durch Ampeln geregelt werden.
Auf den ersten Blick wirken diese Tunnel sehr eng, es ist aber halb so schlimm!
Auf unserer ersten Fahrt binnen ins Mittelmeer war unser Boot eigens hierfür mit 2 Halogenscheinwerfern ausgestattet, was sich aber als unnötig herausstellte. Dieses Mal haben wir die Poitionslichter und das Toplicht eingeschaltet, was aber auch nicht unbedingt nötig gewesen wäre.

Als eine weitere Besonderheit sind noch zwei Hochwasserschleusen zu nennen.
Sie haben einen sehr geringen Hub und in der einen Schleuse (früher in beiden) besteht keine Möglichkeit zum Festmachen! Die Schleusenwände verlaufen nämlich schräg und man kann allenfalls das Boot mit langen Bootshaken mittig halten.
Ich weiß noch sehr genau, wie dumm wir bei unserer ersten Schleuse dieser Art aus der Wäsche geschaut haben.

Im weiteren Verlauf der Saone nimmt die Strömung etwas zu. Nach Gray kommt dann die erste etwas größere Schleuse.

Schließlich endet die Saone in Lyon. Das Liegen in Lyon ist sehr schön aber auch unruhig.
Vorbeifahrende Fracht- und Personenschiffe erzeugen gewaltigen Schwell der sich durch die beiderseits senkrechten Kaimauern ewig lange hält. Das Boot darf nicht zu kurz angebunden sein! Lange Festmacherleinen sind angesagt, die Kugelfender halten das Boot ab. Durch etwas Ruder legen und arretieren wird das Boot mit Hilfe der Strömung ebenfalls gut von der Kaimauer freigehalten.
Yachten, die hier zu kurz festmachen, können sich leicht erhebliche Schäden am Rumpf einhandeln.
Bei Hochwasser ist das Anlegen hier nicht möglich.


Rhone

Der Endspurt kann beginnen! Eine kräftige Strömung ließ uns laut GPS mit 11 kn. über Grund dahin rauschen. Es herrscht hier sehr wenig Schiffsverkehr.

Die riesigen, modernen Schleusen mit ihrem gewaltigen Hub machen überhaupt keine Probleme, sie sind mit Schwimmpollern ausgerüstet.
Einfahren, das Boot an der Mittelklampe und einem Schwimmpoller fest belegen, das ist schon alles. Der Poller fährt mit uns herunter und man hat gar nichts zu tun.
Manchmal kommt es vor, das so ein Poller zur Reparatur ausgebaut worden ist und man nur eine leere Nische vorfindet, dann nimmt man eben den nächsten.
Bei der Ausfahrt aus den Rhoneschleusen tropft es oft kräftig von den hochgefahrenen Schleusentoren herab. Schnell unter dem Sonnensegel verkriechen!

In einigen Reiseführern wird vor der letzten Rhoneschleuse "Beaucaire" gewarnt. Sie soll bei Mistral, dem stürmischen Wind aus Nord, gefährlich sein.
Wir hatten, als wir Avignon verließen, diesen berüchtigten Mistral.
Die Warnung nahmen wir nicht allzu ernst, waren wir doch schließlich mittlerweile zu Profis geworden!
Auch die Warnung des Hafenmeisters in Avignon bei unserer Abfahrt nahmen wir nicht ernst.
Wir sollten eines Besseren belehrt werden. Denn, als wir der Schleuse Beaucaire näher kamen, wurde der Wind von achtern immer stärker und stärker! Vermutlich, weil der Rhonekanal hier sehr hoch liegt.
Schon bald war unser Sonnensegel vom Sturm zerfetzt und wir näherten uns der Schleuse, die offen stand und grün zeigte.
Ich schaltete auf Leerlauf, aber wir machten, nur vom Wind geschoben, immer noch 4 kn. Fahrt auf die Schleuse zu!
Am Schleusentor angelangt mußte ich die Fahrt aus dem Schiff bekommen und schaltete auf volle Kraft zurück. Der Erfolg war, das sich unser Boot schräg stellt, immer noch mit 2 kn. Fahrt voraus.
So konnte ich das Boot aber nicht mehr steuern und es half nur eins: wieder einen kräftigen Schub voraus geben!
Jutta stand bereits mit ihrer Leine an der Mittelklampe, wir hatten wirklich nur einen einzigen Versuch!
Ich fuhr unser Boot dicht an der Schleusenwand entlang, geschoben durch den Sturm von achtern. Einen Schwimmpoller anpeilend schaltete ich erneut volle Kraft zurück und Jutta gelang es tatsächlich, den Poller einzufangen und die Leine blitzschnell zu belegen.
Ich hatte uns schon mit beschädigtem Mast und Rumpf querliegend am hinteren Schleusentor gesehen.
Es war wirklich haarscharf und hätte böse enden können.
So beschlossen wir, nach der Schleusung anzulegen und für heute Feierabend zu machen. Der Schrecken steckte uns noch in den Gliedern.
Unterhalb der Schleuse war jedoch kaum noch Wind! So setzten wir unsere Reise fort, wobei der Wind dann schon bald wieder ordentlich zulegte, und erreichten schließlich unser Ziel Port. St. Louis.

Die Rhone bei Mistral gen Norden befahren zu wollen, ist ziemlich aussichtslos.

Das Stellen des Mastes war aufgrund des Mistrals in den nächsten beiden Tagen nicht möglich, doch hier beginnt eine ganz andere Geschichte....